Entscheidungskompetenz 73
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Managementautoren, die solche Behauptungen verkünden, scheinen dies immer wieder
mit komplizierten Problemen aus der Mechanik zu verwechseln und bewegen sich damit
auf den Spuren von TAYLOR und seinem Scientific Management aus der Zeit um 1900.
Man kann komplexe Systeme nicht beherrschen, man kann mit komplexen Systemen
„nur" erfolgreich umzugehen lernen. Man kann lernen, ihr Verhalten zu beeinflussen, um
bestimmte Ziele zu erreichen.
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Komplexität ist das übergeordnete Merkmal der hier betrachteten Systeme. Sie besitzen
eine solche Vielfältigkeit und Reichhaltigkeit an Elementen, dass eine vollständige geisti-
ge Erfassung des Systems nicht möglich ist. Die Vielfältigkeit kann sich dabei auf die An-
zahl der Elemente, die Anzahl der Systemvariablen sowie auf die Menge an Verbindun-
gen zwischen den Variablen und auf andere Merkmale beziehen. Die Komplexität des
Systems zeigt nun weitere Eigenschaften, die das Fällen von Entscheidungen erschwe-
ren: Vernetztheit Die Wirkungsgefüge komplexer Systeme bestehen aus einem Netz von
Kausal- und Feedbackverbindungen, so dass die Veränderung einer Variable Auswirkun-
gen auf viele andere Systemelemente haben kann. Ein solches Wirkungsgefüge kann
nicht mit einfachen Ursache-Wirkungs-Ketten erklärt werden. Fern- und Nebenwirkun-
gen sind damit an der Tagesordnung. Eiaendvnamik. In komplexen Handlungsfeldern
verursacht nicht nur der Entscheider Systemänderungen, vielmehr hat das System eine
Eigendynamik, verändert sich also mit der Zeit auch ohne das Zutun eines Handelnden.
Intransparenz. Der Entscheider kann normalerweise nicht erkennen, welche Faktoren in
einer bestimmten Situation wirksam sind. Die Intransparenz kann sich darauf beziehen,
welche Variablen das System überhaupt hat, wie der Zusammenhang zwischen den Va-
riablen ist oder wie der aktuelle Zustand der Variablen ist. Zieloffenheit Komplexe Situa-
tionen zeichnen sich meist dadurch aus, dass Ziele nicht eindeutig vorgegeben, sondern
nur relativ vage formuliert werden (zum Beispiel: „Die Lebensqualität eines Stadtviertels
soll verbessert werden."). Zum einen kann dieses Ziel meist durch viele verschiedene
Möglichkeiten erreicht werden (Wohnraumverbesserung, Schaffung von Einkaufsmög-
lichkeiten und Spielplätzen, Auflegen eines Sanierungsprogramms usw.), zum anderen
ergeben sich oft Teilziele, die sich widersprechen (z.B. die Ziele „Wohnungssanierung"
und „Mietpreisstabilität").
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Dörner, D.: Die Logik des Misslingens, 1998, S. 307. Eine Zeitgestalt ist beispielsweise
ein Produktlebenszyklus. Die angesprochenen „Zeitgestalten" sind ζ. B. der Produktle-
benszyklus, die Diffusionskurve oder das Erfahrungskurvenkonzept. Sie alle sind Zeitges-
talten, sie alle spannen sich über ein Koordinatenkreuz, auf dessen Abszisse i.d.R. die
Zeit abgetragen ist. Genauso wie Räume durch die 3. Dimension zu Raumgestalten wer-
den, entstehen so Zeitgestalten. Das „Heute" ist dabei immer ein Punkt auf einer Kurve
oder Geraden. Die Zeitgestalt, z.B. der Kurvenverlauf, wird erst durch die graphische
Darstellung sichtbar. Erst dadurch können wir visuell über unseren gegenwärtigen Tel-
lerrand in die Vergangenheit, aber auch in eine „normal verlaufende" Zukunft schauen.
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Heuristik ist eine Methode, um komplexe Probleme, die sich nicht vollständig lösen las-
sen, mithilfe einfacher Regeln und unter Zuhilfenahme nur weniger Informationen zu
entwirren.
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Selbstmanagement und die Schaffung von Zeitfenstern sind wichtige Rahmenbedingun-
gen, die sehr hilfreich sind, in komplexen Situationen angemessen zu agieren. Auf letzt-
genannte Aspekte werden wir im Kapitel der „Ich-Ich-Kompetenz" noch näher eingehen.
Instrumente, die einen erfolgreicheren Umgang mit komplexen Situationen ermöglichen,
wie beispielsweise die Netzwerkanalyse, der „Papiercomputer" von Vester sowie System
Dynamics, werden im Kapitel der „Umsetzungskompetenz" näher besprochen.
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Zwei übergeordnete Prinzipien zeichnen sich hauptsächlich dafür verantwortlich. Das
Scheinwerferprinzip und das Sparsamkeitsprinzip. Das Scheinwerferprinzip basiert auf
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