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Texturierung
Bringen wir nun etwas Farbe ins Spiel. Texturen bilden die Oberflächen von Objek-
ten. Dabei enthalten sie aber nicht nur Informationen über die Farbe, sondern wie
bei wirklichen Materialien auch, eine Vielzahl von Eigenschaften wie Spiegelun-
gen, Glanzlichter, Oberflächenstruktur und noch einiges mehr. Reale Eindrücke zu
vermitteln, ist ohne gute Texturen praktisch unmöglich. Betrachtet man die vier
Bereiche der 3D-Grafik Modell, Textur, Licht und Animation, ist deren Anteil an der
Qualität des Endergebnisses mindestens gleich hoch.
Texturen vermitteln nicht nur Materialeigenschaften, sondern sind auch wichtiger
Bestandteil des Modelings. Sicher haben Sie schon in einigen Filmen die Detail-
fülle auf den Oberflächen von 3D-Objekten gesehen. Gute Beispiele hierfür sind
Raumschiffe oder Planeten, aber auch die knotige Haut eines Dinosauriers. In den
meisten Fällen sind diese unzähligen, winzigen Details nicht modelliert. Sie wer-
den mittels Texturen erzeugt, in denen Bump-Maps oder Displacement-Maps drei-
dimensionale Eindrücke erzeugen. Auch in den Bereichen Licht und Animation
werden Texturen verwendet. Schattige Bereiche in der Szene müssen nicht in müh-
samer Kleinarbeit durch die Beleuchtung angepasst werden, sondern können
durch Texturen simuliert werden. Sie können ein transparentes Bildmaterial einer
Lichtquelle zuweisen und so zum Beispiel einen Diaprojektor simulieren. Und zu
guter Letzt sind Texturen auch animierbar.
Man kann Texturen, insbesondere die enthaltenen Farben, nicht unabhängig vom
Licht betrachten. Darin verhält sich ein 3D-Grafikprogramm analog zur Wirklich-
keit. Stellen Sie sich Omas pinkfarbene Plüschpantoffeln im Sonnenlicht vor: Hell,
rosa und leuchtend stehen sie dort an der Verandatür. An gleicher Stelle nach Son-
nenuntergang wären sie zwar immer noch zu sehen, auch ist die Farbe durchaus
Kapitel
Kapitel 3
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TEXTURIERUNG
noch zu identifizieren, aber hell und rosa sind sie nicht mehr. Ganz klar, Farben sind
in Wirklichkeit nichts Objektives. Licht wird von der Oberfläche reflektiert, durch
unsere Augen ins Gehirn geleitet und dort interpretiert. Diese Wahrnehmung ist
abhängig von der Oberflächenbeschaffenheit und der Art und Intensität des Lichts.
Andere Lebewesen nehmen unter gleichen Bedingungen ganz andere Farben wahr
als der Mensch. Diese Abhängigkeit müssen wir bei unserer Arbeit berücksichti-
gen. Viele 3D-Artists entwickeln Texturen und Beleuchtung deshalb gleichzeitig
und passen beide Stück für Stück aneinander an.
Welche Arten von Texturen unterscheiden wir? Es gibt hier keine offizielle Sprach-
regelung, die für alle 3D-Programme Gültigkeit hat. Auch der Begriff Textur wird
sehr unterschiedlich definiert. Das Darstellen von Oberflächen in der 3D-Grafik
wird auch als Shading bezeichnet. Dies kann sowohl durch die Software als auch
durch die Hardware geschehen. Da wir 2D- und 3D-Texturen unterscheiden, wer-
den diese auch oft als 2D- und 3D-Shader bezeichnet. Einige Programme beschrän-
ken sich aber darauf, nur die 3D-Texturen als Shader zu bezeichnen. CINEMA trifft
diese Unterscheidung ebenfalls, bei der Erzeugung werden allein die reinen 3D-
Texturen als Shader bezeichnet. Alles andere ist ein Material, bestehend aus ver-
schiedenen Kanälen für die Eigenschaften. In diese Kanäle können sowohl Bitmaps
oder Pixelbilder und sogar Filme geladen werden, aber auch Shader. Werden Gra-
fiken oder Shader in diesen Kanälen verwendet, werden diese auch als Channel-
Shader bezeichnet. Der Channel-Shader wird immer als Shader bezeichnet, entwe-
der als 2D- oder 3D-Channel-Shader je nachdem, was er enthält. Oft werden auch
nur in Kanäle eingeladene Bilder oder Filme als Texturen bezeichnet, dann aber
wieder der allgemeine Arbeitsvorgang Objekte mit Materialen zu versehen als Tex-
turierung, egal was die Materialien enthalten. Und zu guter Letzt entsteht nach
dem Zuweisen eines Materials das T
EXTUR-Tag und nicht das MATERIAL-Tag, auch
hier wieder unabhängig vom Inhalt. Sehr verwirrend! Bei der Erzeugung werden wir
deshalb ganz klar zwischen Material und Shader unterscheiden, damit Sie die rich-
tigen Funktionen benutzen. Bei der Verwendung in den Kanälen benutzen wir die
Bezeichnung Channel-Shader und fertige Texturen werden dann auch als Texturen
bezeichnet, unabhängig davon, wie sie aufgebaut sind.
Wodurch unterscheiden sich Materialien und Shader denn nun wirklich? Shader
besitzen ein Volumen, Materialien nicht. Deswegen werden Shader auch als Volu-
men-Shader bezeichnet. Sie sind rein mathematisch, sozusagen ein eigenes klei-
nes Programm. Falls Sie kein Programmierer sind, können Sie diese deshalb auch
nicht selbst herstellen. Sie durchdringen den Raum unserer Arbeitsfläche und wer-
den nur an der Oberfläche des Objekts sichtbar, dem sie zugewiesen wurden. Da
sie ein echtes Volumen besitzen, können sie bei einem transparenten Material
natürlich auch im Inneren sichtbar werden. Das Material, das ein Bild als Textur
enthält, wird immer nur an der Oberfläche sichtbar.
Ein Beispiel: Sie wollen einen Baumstamm texturieren. Sie benutzen das Bild einer
Baumrinde im Material und wickeln dieses um ein zylindrisches Baumstamm-
Objekt. Der Shader hat ebenfalls das Aussehen der Rinde und wird an der Oberflä-
che des Zylinders sichtbar. So weit, so gut. Bis hierhin verhalten sich beide nach
außen hin gleich, auch wenn sie im Inneren völlig unterschiedlich arbeiten. Nun
aber sägen Sie den Baumstamm in der Mitte ab. Beim Material wird an der Schnitt-

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